28. Dezember 2020
Alle Impfungen haben die Gemeinsamkeit, dass dem körpereigenen Immunsystem Bestandteile eines Krankheitserregers präsentiert werden. Dadurch wird die Bildung spezifischer Antikörper angeregt, die bei einer Infektion den Eindringling bekämpfen können. Der nun entwickelte Impfstoff nutzt dafür einen ganz neuen Weg. Statt die Virusbestandteile direkt zu verimpfen, enthält die Impfung eine Art Bauanleitung, mit der die Körperzellen Proteine der Virusoberfläche selbst herstellen können. Bei diesem Bauplan handelt es sich um Erbinformationen in Form von Boten-RNA (messenger-RNA, m-RNA). Die m-RNA wird nach der Impfung in die Zellen transportiert. Dort wird die genetische Information abgelesen und das spezifische Virusprotein gebildet und dem Immunsystem präsentiert. Die m-RNA wird danach im Zellinneren abgebaut. Ein großer Vorteil der m-RNA Impfstoffe liegt darin, dass in kurzer Zeit sehr viele Impfdosen produziert werden können.
Die Impfung selber unterscheidet sich nicht von anderen Impfungen wie beispielsweise der jährlichen Grippeimpfung. Sie erfolgt intramuskulär und meist in den Oberarm. Nach 3 Wochen erfolgt allerdings eine zweite Impfung, um die Schutzwirkung zu erhöhen. Laut den bisher veröffentlichen Daten liegt der Impfschutz nach erfolgter 2-maliger Impfung bei 95%.
Durch eine Impfung wird das Immunsystem angeregt, Antikörper und spezielle Abwehrzellen zu bilden. Dadurch können Symptome wie bei einer leichten Infektion entstehen. Dazu zählen Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber. Zudem kann es zu Schmerzen an der Einstichstelle kommen. Diese Reaktionen können bei der zweiten Impfung etwas ausgeprägter sein. Zu einer SARS-CoV-2 Infektion kann es durch die Impfung nicht kommen, da diese lediglich die Erbinformation einzelner Oberflächenbestandteile des Virus enthält. Ein Einbau dieser Erbinformation in das menschliche Erbgut ist aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur von RNA und DNA nicht möglich.
Dass bereits nach einem Jahr ein Impfstoff gegen das Coronavirus vorliegt, ist eine große wissenschaftliche und technische Leistung. Bisher dauerte die Impfstoffentwicklung fünf bis zehn Jahre. Die schnelle Entwicklung war möglich, da viele Prozesse der Produktion und Testung parallel ablaufen konnten und schon zu Beginn der Pandemie viel Wissen über Coronaviren und über die m-RNA-Technologie vorhanden war. Die Sicherheitstestung wurde und wird jedoch durchgeführt wie bei anderen Impfstoffzulassungen auch. In der aktuell noch laufenden Zulassungsstudie wurde ca. 20.000 Probanden der Impfstoff verabreicht. Eine Zulassung in Europa wird nur erfolgen, wenn der Impfstoff als effektiv und sicher beurteilt wird.
Aktuell befindet sich der Impfstoff in Europa im Zulassungsverfahren. Die dafür zuständige europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat angekündigt, ihre Prüfung bis zum 28.12.2020 abgeschlossen zu haben. Im Anschluss kann der bereits vorproduzierte Impfstoff ausgeliefert und verimpft werden. Da zunächst nur eine begrenzte Menge an Impfstoff verfügbar sein wird, hat die ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institutes Empfehlungen erstellt, wer zuerst geimpft werden soll. Neben älteren Menschen, die ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Infektion haben, werden auch Pflegekräfte und ärztliches Personal frühzeitig geimpft werden können. Bis alle Menschen, die geimpft werden wollen, den Impfstoff erhalten haben, wird es mindestens bis Herbst 2021 dauern.